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SPD stimmt Haushalt unter Vorbehalt zu

Angesichts der vielen Unsicherheiten im Haushaltsplanentwurf der Stadt Unna für 2023 und eines strukturellen Defizits von 24 Millionen Euro, das sich bereits jetzt bis zum Jahr 2026 abzeichnet, hat die SPD-Fraktion ihre Zustimmung zum Haushalt nur mit Blick auf eine Zusicherung des Kämmerers gegeben: Es soll zeitnah ein Dialog mit Politik und Verwaltung darüber geführt werden, wie Unna sein Ausgabenproblem nachhaltig in den Griff bekommt, um nicht finanziell handlungsunfähig zu werden. Denn: Schon jetzt liegen die Ausgaben deutlich über den Einnahmen. Das geht zu Lasten kommender Generationen, die die Schulden einmal zurückzahlen müssen.

Hier die Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Sebastian Laaser:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Rates,
sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst möchte ich persönlich und im Namen unserer Fraktion einen ausdrücklichen Dank an Kämmerer Michael Strecker richten, der in zweifellos sehr schwierigen Zeiten seinen ersten Haushaltsplanentwurf vorlegen musste. Die Auswirkungen der Pandemie und des schrecklichen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine belasten die Kommunen enorm mit zusätzlichen Aufgaben, steigenden Energiekosten und Inflation. Unna steht damit wahrlich nicht alleine dar. Und fraglos war es für den Kämmerer und sein Team eine besondere Herausforderung, die Enden des Haushalts unter diesen Vorzeichen zusammenzuführen.

Gleichwohl haben wir nach intensiven Beratungen – und so haben wir es auch in den vergangenen Tagen erklärt – erhebliche Bauchschmerzen mit diesem Haushaltsplanentwurf.
Das liegt nicht – so möchte ich betonen – am mangelnden Können der Kämmerei.

Es liegt vielmehr an der politischen Gemengelage in diesem Rathaus, sprich dem Willen des grün-schwarz-gelben Mehrheitsbündnisses. Dieser Haushalt, meine Damen und Herren, sollte unbedingt ein ausgeglichener Haushalt sein, mit dem man sich schmücken kann und der den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt einen schönen Schein vorgaukelt. Leider ist der Haushalt auch genau das: schöner Schein, ein potemkinsches Dorf, dessen Fassade nicht hält, was sie verspricht.

Meine Damen und Herren,
lassen Sie uns ehrlich miteinander sein. Tatsächlich ist dieser Haushalt nur auf dem Papier ausgeglichen. Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen erheblich. Es fehlen schon in diesem Jahr rund fünf Millionen Euro. Schlimmer noch: Bis 2026 zeichnet sich ein strukturelles Defizit von mindestens 24 Millionen Euro ab. Hier entsteht ein Schuldenberg, den unsere Kinder und Enkelkinder abtragen müssen.

Wie hält man nun den schönen Schein aufrecht? Wie schafft man eine Fassade, die zumindest von weitem hübsch anzusehen ist? Indem man Kosten und Verpflichtungen, die auf die Stadt Unna unweigerlich zukommen, ausblendet und kleinrechnet.

Drei Beispiele:
 Die bis zu 15 zusätzlichen Stellen, die laut des zuständigen Beigeordneten im neuen Brandschutzbedarfsplan vorgesehen sind, finden sich im Stellenplanentwurf überhaupt nicht wieder.
 Die Summe für den Ausbau der offenen Ganztagsbetreuung an den Grundschulen – ebenfalls eine Pflichtaufgabe ab 2026 – wird für die nächsten vier Jahre mit gerade einmal 2,1 Millionen Euro beziffert. Allein die erste Baumaßnahme in der Katharinenschule soll aber bereits mehr als 600.000 Euro kosten. Da kann sich jeder ausrechnen, wie viele Millionen wir tatsächlich brauchen.
 Und dann ist da noch die enorme Summe von mehr als 15 Millionen Euro, die als corona- und kriegsbedingte Belastung bis 2026 isoliert und damit quasi aus dem Haushaltsplanentwurf herausgenommen wird. Dieser „Buchungstrick“ ist legal und durch die schwarz-grüne Landesregierung vorgegeben. Aber die Isolierung ist vor allem eines: eine schwere Hypothek für kommende Generationen! Dabei geht die Anhäufung dieser neuen Altschulden ungebremst weiter. Der Kämmerer hat bereits angekündigt, die anstehenden Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst, die über die im Haushalt eingeplanten drei Prozent hinausgehen, ebenfalls mit Hilfe des Isolierungstopfes durch unsere Kinder und Enkel zahlen zu lassen.

All diese Tricks, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man machen, aber sie sind nicht zielführend. Sie werden das Ausgabenproblem, das Unna hat, nicht lösen. Niemandem nützt es, Probleme unter den Teppich zu kehren, um politisch zu punkten.

Noch verwerflicher aber ist es angesichts dieser schwierigen Situation, in der sich Unna befindet, wenn das Rathaus ohne Not neue dauerhafte finanzielle Belastungen schafft: Der Stellenplan, den wir heute ebenfalls verabschieden sollen, sieht tatsächlich eine höhere Bezahlung von Unnas bestverdienenden Spitzenbeamten vor. Genutzt wird dafür eine Regelung in der Landesverordnung, der man sich bedienen kann, aber wahrlich nicht muss. Eine entsprechende Anfrage, die unsere Fraktion dazu gestellt hat, wurde erst heute vom Bürgermeister beantwortet. Dieses Vorgehen ist, so muss ich es wirklich sagen, instinktlos und beschämend in einer Zeit, in der viele Menschen unter zusätzlichen Belastungen und Existenzängsten leiden.

Auch hier ist es wohl leider wieder die politische Gemengelage, die eine Erklärung für dieses mehr als unglückliche Agieren bieten könnte: Die Entscheidung für einen grünen oder schwarzen 1. Beigeordneten lässt sich wahrscheinlich leichter im Mehrheitsbündnis treffen, wenn es nur Gewinner gibt. Es gab in den letzten Jahren Verwaltungsvorstände, die demütiger mit Besoldungen umgegangen sind.

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben es uns nicht leicht gemacht mit diesen Haushaltsberatungen. Wir haben aus tiefster Überzeugung den Druck auf die städtische Finanzlage mit eigenen Anträgen nicht weiter erhöht – obwohl es durchaus Themen gegeben hätte. Und wir waren erschrocken, wie andere Fraktionen immer neue Begehrlichkeiten formuliert haben. Hier 20.000 Euro, da eine halbe Stelle, dort ein noch teuerer Workshop…
Es gibt für die meisten Wünsche und politische Forderungen gute Gründe. Aber wir müssen endlich lernen, wichtiges von noch wichtigerem zu unterscheiden. Und genau so werden wir auch mit dieser Antragsflut umgehen.

Die Frage der Beigeordneten-Besoldung passt zu diesem Verhalten des Mehrheitsbündnisses: Augen zu und weitermachen wie bisher. Es wird schon keiner merken, wie es wirklich um den Unnaer Haushalt bestellt ist. Wie lange nicht merken? Bis nach der nächsten Wahl? Das kann doch nicht wirklich der Maßstab verantwortungsbewussten Handelns sein.

Ich mache kein Geheimnis darum, dass es in unserer Fraktion Stimmen für und gegen eine Zustimmung zu diesem Haushaltsplanentwurf gegeben hat.
 Zustimmung, weil dieser Haushalt die Weichen für ein Anliegen richtig stellt, das uns Sozialdemokraten besonders am Herzen liegt und für das wir uns nachdrücklich eingesetzt haben: Der Ausbau der Kindertagesbetreunng wird angesichts des wachsenden Bedarfs vorangetrieben.
 Zustimmung auch, weil eine Interimslösung für den Weiterbetrieb des Massener Lehrschwimmbeckens ermöglicht wird.
 Und Zustimmung für Investitionen in unsere Schulen, zum Beispiel in das Schulzentrum Nord in Königsborn oder die Modullösung für die Peter-Weiss-Gesamtschule.

Aber, meine Damen und Herren, auch Ablehnung! Weil dieser Haushalt zu viele Unsicherheiten und damit Gefahren für Unnas Zukunft birgt.

Wir haben uns letztendlich für Zustimmung entschieden.

Gleichzeitig fordern wir aber mit Nachdruck einen Dialog aller Beteiligten darüber, wie wir Unnas Haushaltsproblem nachhaltig in den Griff bekommen können – und das so schnell wie möglich. Sollte das nicht geschehen, werden wir auf Dauer diese Haushaltspolitik der Stadt Unna nicht weiter mittragen – zum Wohle der Menschen in dieser Stadt und vor allem zum Wohle unserer Kinder und Enkel.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !